Ironman Hawaii

Nachdem die Erlebnisse und Eindrücke rund um das Rennen ein paar Tage auf mich wirken konnten ist es jetzt mal an der Zeit für einen etwas ausführlicheren Rückblick.

Vorbereitungen

Sieht man mal von den letzten Trainingseinheiten mit  Materialcheck usw. ab, kam für mich eigentlich erst ab Donnerstag Wettkampfstimmung auf. Im Vergleich zu Frankfurt war ich da aber immer noch relativ entspannt obwohl um uns herum eine riesen Pre-Race Show mit Underpantsrun und Co. abgezogen wurden und im Startbereich der Wettkampf im Posen schon auf Hochtouren lief.
Donnerstag war auch der letzte Termin, die Startunterlagen abzuholen. Ich war einer der Letzten, die ihr Zeug holten und wurde dabei mit einer ziemlich konfusen Meldung konfrontiert: „We are out of timing chips. Please come back later. Sorry about that“. Anscheinend hatte die WTC kurzfristig noch ein paar Startplätze mehr vergeben, um noch ein bisschen mehr Profit aus der Veranstaltung zu ziehen? What ever! Also musste ich später nochmal kommen und mir meinen Chip abholen.

Von den ganzen Events, die in der Vorwoche abliefen haben wir gar nicht so viel mitbekommen. Nationenparade, Welcome-Dinner, usw. fanden ohne uns statt. Das hatte zwei Gründe. Erstens war sowieso genug Trubel und zweitens rief der Veranstalter für Begleitpersonen beim Welcome-Dinner nochmal 50$ extra Eintritt auf – für ein lauwarmes Buffet an Convenience Food, dargereicht auf Styroportellern. Dafür waren wir dann wohl doch zu vernünftig 🙂

Die Tage vor dem Wettkampf hatten wir komplett auf Selbstversorgung in unserer kleinen Kona-WG umgestellt. Somit waren wir Abend vor dem Wettkampf auch zeitig mit Essen fertig und um 20.30h ging bei uns das Licht aus. Aufgrund der frühen Dämmerung und des Jetlags: kein Problem

Renntag

Der Wecker klingelte um 3.00h. Ich wollte keinen Stress und viel Zeit fürs Frühstück haben. Um 4.30h sind wir mit dem Auto in Richtung Wechselzone gefahren. Ein Ritual ist hier das „Bodymarking“. Jeder bekommt seine Startnummer mit so lustigen Klebebildchen auf die Oberarme geklebt. Das hat 10 Minuten gedauert -ungefähr so lange, wie die Aufkleber während des Schwimmens dann auch auf meinen Oberarmen gehalten haben ;-). Erst danach darf man sich mit Sonnencreme oder sonstigen Antischeuermittelchen einreiben. Danach ging’s nochmal auf die Waage zur Dokumentation des Kampfgewichts – hatte ich so auch noch nie erlebt.
Nachdem ich das Rad (in der wahrscheinlich teuersten Wechselzone der Welt) entsprechend präpariert hatte, begab ich mich nochmal auf die Suche nach Sabrina, mit der ich einen Treffpunkt im Foyer des Kingkam Hotels ausgemacht hatte. Dann war es schon Zeit sich auf den Weg zum Schwimmeinstieg zu machen.

Schwimmen

Im Vorfeld haben mir viele Kona-Erfahrene dazu geraten, von so weit möglich wie links zu starten, wenn ich der Schlägerei am Anfang aus dem Weg gehen will. Da genau das mein Plan war, bin ich direkt nach dem Einstieg ins Wasser nach links außen gepaddelt. Auch dort war es vor dem Start schon ziemlich eng in der Bucht, weil die Paddler auf ihren Boards die Leute ziemlich zusammengetrieben haben.

Irgendwann waren dann Trommeln zu hören und da wusste ich, dass es jeden Moment losgeht. Dann der Kanonenschuss und ab ging‘s.

Unter Wasser ist die Sicht dort so gut wie wahrscheinlich bei keinem anderen Wettkampf. Man kann 50m und weiter sehen. Es hatten sich wahrscheinlich alle, die keinen Bock auf Schlägerei hatten dort versammelt, wo auch ich gestartet bin und so gab es überhaupt kein Gerangel und ich konnte von Anfang frei schwimmen. Wenn man sich ein bisschen an den umgebenden Schwimmern ausrichtete, war auch die Orientierung ziemlich einfach. Bei dem Wellengang muss man halt wirklich bei jedem Zug mit dem Kopf hoch und schauen, ob man noch auf Kurs ist, weil man nur bei jedem dritten Versuch die Boje sichtet.

Ich habe sofort gemerkt, dass das Gedränge etwas dichter wurde, je weiter man auf die Ideallinie an die Bojen herangeschommen ist. So habe ich bis zum Wendepunkt einen seitlichen Abstand von ca. 10m zu den Bojen gehalten. Da war wirklich entspanntes Cruisen möglich.

Weiter draußen war es dann schon ziemlich wellig. Ich habe ja keine Vergleiche zu den sonst durchschnittlichen Bedingungen aber die Erfahrenen haben von höheren Wellen und einer stärkeren Strömung als im Durchschnitt gesprochen.

Auf dem Rückweg ging es dann schon spührbar langsamer voran, weil man gegen eine Strömung anschwimmen muss. Am Wendepunkt dachte ich mir noch: „Wow, schon da?“ Der Rückweg war dann aber entsprechend zäh. Gegen Ende haben mich die schnellsten Frauen eingeholt, die 10 Minuten nach uns gestartet sind.

0813_004592

Sobald man die Treppen am Pier hochgeklettert ist, hat man die Möglichkeit, sich mit ein paar Schläuchen,das Salzwasser abzuspühlen. Davon habe ich Gebrauch gemacht, bevor es in das total überfüllte Wechselzelt ging. Ich hatte mich für einen Zweiteiler als Renndress entschieden. Die Hose hatte ich schon beim Schwimmen unter meinem Speedsuit an. Das Oberteil habe ich erst im Wechselzelt angezogen.

Bike

Die ersten 14km führen auf einer kleinen Schleife durch Kona. Auf diesem Abschnitt kam ich mir wie beim Start zu einem Radmarathon vor, so dicht war das Feld. Mir war auch gar nicht bewusst, dass es doch so lange dauert, bis man dann endlich auf den Queen-K-Highway abbiegt. Dort angekommen konnte ich aber einigermaßen frei fahren.
Was mich etwas irritierte: Normalerweise geht’s auf der Radstrecke für mich nach vorne und ich werde kaum noch überholt. Hier war das anders. Zum einen lag’s sicher an der Qualität des Feldes. Nimmt man mal die Legacy-Athleten und Lottery-Gewinner raus haben sich alle Teilnehmer durch eine Top Platzierung in einem anderen Rennen qualifiziert. Radfahren können dort also alle. Ein anderer Aspekt war aber sicher auch die aktuell heiß diskutierte Draftingproblematik. Ein Idiot ist im Abstand von 5cm links an mir vorbei – ich wäre vor Schreck fast vom Rad geflogen. Ausgleichende Gerechtigkeit: nachdem er sich noch ein Stück weiter nach vorne gelutscht hatte, stand er mit Defekt am Straßenrand. Ich wünsche ja niemandem was schlechtes, aber Mitleid konnte ich für den Kammeraden keins aufbringen 😉
Die ersten 60km lief erstmal alles nach Plan. Ich hatte einen 37er Schnitt auf der Uhr stehen (was bei dem Streckenprofil bis dahin ganz gut war). Die Wattwerte waren allerdings nicht in dem Bereich, wie ich es erwartet hatte. Vermutlich war das ein Tribut an die Hitze.
Als wir die Bikestrecke besichtigt haben, war so gut wie kein Wind und ich hatte mich fast schon etwas geärgert, dass ich nicht doch ein 808-Vorderrad eingepackt hatte. Das änderte sich schlagartig, als in einer bergab Passage der Wind so heftig von vorne kam, dass ich kaum noch vorwärts kam. Die Fahrer, die hier mit hohen Felgen unterwegs waren, konnten nur noch auf dem Oberlenker fahren während ich mit meiner 303-Felge noch in der Aerohaltung liegen bleiben konnte und so ordentlich Boden gut machte.
In Richtung Hawi wurde der Wind immer heftiger. Während mir die Profis schon auf dem Rückweg mit dem Wind im Rücken mit Höchstgeschwindigkeiten entgegenkamen, kämpfte ich mich im Schneckentempo voran. Mein Schnitt war mittlerweile irgendwo bei 32km/h.
Ab der Wende in Hawi kam ich dann auch in den Genuss des Rückenwinds und machte wieder etwas Boden gut. Von Beginn an hatte ich aber etwas Probleme mit dem Rücken, so dass ich die Aeroposition öfters mal verlassen musste. Trotzdem lief es bis km 140 ganz gut und ich war noch zuversichtlich, eine Radzeit um 5.00h hinzubekommen. Dann kam wieder der Wind. Es ist genauso wie es mir vorher viele beschrieben hatten: Man darf einfach nicht davon ausgehen, dass man auf den Abschnitten, auf denen auf dem Hinweg der Wind von vorne kommt, er auf dem Rückweg von hinten bläst. Das kann einen in der Birne schon echt weich machen. Zumal die gnadenlose Hitze auch nicht unbedingt zur Wohlfühlatmosphäre beträgt. Was mich mental dann etwas gebrochen hat: Viele sagten mir vorher „Wenn Du mal am Airport vorbei bist, Beine hochnehmen und mit Rückenwind nach Kona pusten lassen“. Das war aber nicht, weil der Wind außerplanmäßig weiter brutal von vorne kam. Meine Verpflegung sah genauso aus, wie in Frankfurt: eine 1l Radflasche voll mit 14 Gels und an jeder Aid-Station eine neue Flasche Wasser. Ich denke, dass ich auf der Radstrecke sicher 8l Flüssigkeit aufgenommen … und auch wieder verloren habe.

Auf dem Rückweg nach Kona kam mir schon Sebi Kienle zu Fuß auf seinem Weg ins Energy Lab entgegen … und dann kam ganz lange niemand. Andi Raelert lag da auch noch gut im Rennen – ich sollte ihn später noch überholen.

Laufen

Der Wechsel zum Laufen verlief unspektakulär. Im Wechselzelt wurde ich nochmal von oben bis unten mit Sonnencreme versorgt und dann ging’s los. Nach dem Radsplit war ich echt froh, als ich endlich laufen durfte. Erste Hochrechnungen zu diesem Zeitpunkt ergaben auch noch, dass eine sub 10h Zeit noch möglich war. Ich konnte allerdings nicht die Pace aufnehmen, die ich mir vorgenommen hatte. Erst nachdem ich die Flüssigkeit, die ich bis zu diesem Zeitpunkt zu mir genommen hatte losgeworden war, ging es mit einer ganz guten Pace in Richtung Wendepunkt auf dem Alii Drive und wieder zurück Richtung Kona. Das war der erste Rennabschnitt, in dem ich Platzierungen gut machte.

Als ich die Palani Road hochgelaufen war, ergab meine Sub10 Rechnung, dass es ganz schön knapp werden würde. Ich habe deshalb nochmal etwas Gas gegeben und mir kam dabei zu Gute, dass sich Wolken vor die Sonne geschoben hatten und die Temperaturen so ganz gut auszuhalten waren.

Auf die berühmt berüchtigte Straße zum Energy Lab war ich ja besonders gespannt. Etwas Besonderes war es an diesem Tag allerdings aufgrund der Wolken vor der Sonne und der somit fehlenden Gluthitze nicht. Auch wenn sich das ein bisschen masochistisch anhören mag, aber diese Erfahrung hätte ich ja gerne noch gemacht 😉

Aus dem Energy Lab heraus ist mein km-Schnitt dann schon ziemlich eingebrochen und das war für mich dann auch der Zeitpunkt, zu dem klar war, dass ich keine Zeit unter 10h mehr schaffen kann.

Ungefähr 1,5km vor dem Ziel bin ich dann auf meinen Kumpel Markus Unsleber aufgelaufen, der keinen guten Tag erwischt hatte und in seiner eigentlichen Paradedisziplin immer wieder Gehpausen einlegen musste. Unserer beiden Zeitziele waren da nicht mehr einzuhalten, und so haben wir uns entschlossen die letzten Meter gemeinsam zu Ende zu bringen.

Die letzten Meter habe ich dann ganz ohne Blicke auf die Uhr dazu genutzt, die Stimmung aufzusagen. Das war das erste mal für mich, dass ich nicht bis zum Schluss im Rennmodus war und mir der Wettkampf gegen andere egal war. Gemeinsam mit Markus hatte ich dafür eine echte Schnappszahl als Endzeit: 10:10:10

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert